1. Einführung
"Ist der Zölibat heute noch lebbar? Kann er dem modernen Menschen überhaupt zugemutet werden?" Diese Fragen werden in kirchlichen Kreisen immer wieder gestellt, und es ist nur verständlich, dass Eltern und Erzieher sich Sorgen machen und die Jugendlichen mit Argwohn oder Skepsis reagieren...
Zunächst einmal lässt sich ganz einfach antworten: Der Zölibat wird gelebt, das ist sein stärkstes Argument. Entgegen allen Wogen von Sensualität und Egoismus, mit denen uns die Massenmedien zu überschwemmen drohen, entgegen allen suggestiven Warnungen Freudscher Prägung und allen statistischen Skandalveröffentlichungen über das Sexualverhalten innerhalb und außerhalb der Kirche gibt es tatsächlich auch heute noch Menschen, die in der christlichen Ehelosigkeit ihr Glück gefunden haben. Sie leben innerlich frei und unabhängig nach diesem Ideal des Evangeliums, in starker, tapferer und revoltierender Liebe, hundert- und tausendfach überall auf der Welt.
Tatsächlich ist der Zölibat auch heute noch lebbar. Je beharrlicher er tabuisiert, je stärker er verhöhnt oder auch entstellt wird, desto dringender ist es auch, ihm im christlichen Wertbewußtsein wieder den gebührenden Platz einzuräumen. Im folgenden möchte ich dies versuchen. Ich möchte mich bemühen, den tiefen Sinn der freiwilligen Ehelosigkeit, für Männer wie für Frauen, wenigstens ansatzweise zu erschliessen.
2. Wert der Ehe
Dabei kann es nicht darum gehen, den Zölibat gegen die Ehe auszuspielen. Für die meisten Menschen ist die Ehe eine angemessene und (trotz aller Schwierigkeiten) auch beglückende Lebensform. Hier erleben sie die Liebe, hier verwirklichen sie ihre Bereitschaft, für andere dazusein. Ihre persönliche Hingabe an einen Partner erreicht in der geschlechtlichen Vereinigung eine höchst innerliche und tiefe Form. Diese Vereinigung umfaßt, von ihrem Wesen her, sowohl die leibliche als auch die seelisch-geistige Dimension ihres Menschseins. Das Wesentliche der Ehe ist ein gegenseitiges und restloses Sich-Schenken, eine personale und integrierende Liebe, das Miteinander-Leben und Erleben, die gemeinsame Existenz, Aufgabe und Verantwortung. Mit dem ehelichen Versprechen haben sich Mann und Frau füreinander entschieden. Wenn sie es als Christen und vor Gott gegeben haben, dann haben sie sich mit dem Partner und gewissermaßen durch ihn hindurch zugleich auch mit Christus verbunden. Das Treueversprechen gilt auch Christus. Man schenkt sich nicht nur gegenseitig, man schenkt sich auch Christus in dem anderen. Die Ehegatten leben folglich nicht nur füreinander. Im Grunde leben sie gemeinsam für Christus. In ihrer Liebe wird Christus mitgeliebt. Wenn sie einander näher kommen, werden sie zugleich inniger mit Christus vereinigt. Denn ihre Gemeinschaft stellt als Sakrament eine der sieben geheimnisvollen Quellen der Teilnahme am göttlichen Leben dar.
So ist auch die Ehe ein Weg zu Gott. Deshalb konnte der Zölibat in der echten Überlieferung der Kirche niemals eine Herabsetzung der ehelichen Gemeinschaft bedeuten, auch kein Hinübergleiten in die Anschauungen des Manichäismus bezüglich des Körpers, des Geschlechtes und der Fortpflanzung. Der unsinnliche Mensch ist nie ein christliches Ideal gewesen! Wer nicht zu Gefühlen, zu Leidenschaft und Sehnsucht fähig ist, der leidet an einem Mangel, da ihm eine sehr tiefliegende Sphäre der menschlichen Natur verschlossen bleibt. Der Zölibat hat damit nichts zu tun. Er besagt schlicht, daß man freiwillig etwas "aufgibt", das nach dem Willen des Schöpfers zur Ehe führt, und zwar das Bedürfnis, sich einem anderen Menschen ganz zu schenken, das tiefer ist als die sexuelle Tendenz. Statt "Aufgeben" Könnten wir vielleicht besser von Opfer sprechen. Ein Mensch, der den Zölibat wählt, bringt Gott ein ganz konkretes, sehr persönliches Opfer dar, wenn er auf die Ehe verzichtet. Er verachtet diese Lebensform nicht, im Gegenteil: In allen Religionen aller Völker ist es stets üblich gewesen, das Kostbarste zu opfern, nicht das Schlechte und Mißratene; das wäre ja eine Beleidigung der Gottheit!
Wie der Mensch fähig ist, die Ehe zu wählen, so sind manche auch fähig, auf die Ehe zu verzichten. Auf diese Weise stellt die bewußt gelebte Ehelosigkeit nicht nur einen Zustand, sondern auch einen selbständigen Wert dar. Sie bildet eine "andere" Möglichkeit, einen "anderen" Weg, auf dem Mann und Frau Erfüllung finden können.
3. Liebe zu Christus
Nun sollte der Zölibat aber nicht nur negativ definiert werden. Sähen wir ihn lediglich als Verzicht und Entbehrung, dann hätten wir ähnliche Wahrnehmungen wie jemand, der an einem Garten nur den Zaun bemerkt und beim Tennisspielen nur an Muskelkater denkt. Dann hätten wir so gut wie nichts von der Schönheit und Größe der christlichen Ehelosigkeit erfaßt! Wer den Zölibat wählt, der entscheidet sich nicht für ein herz- und gemütloses Dasein; er fühlt sich auch nicht in die Wüste verbannt. Im Gegenteil, er wählt eine besondere Liebesgemeinschaft: ein Leben mit Christus und seiner Kirche. Er bezeugt, daß der Mensch seine volle Liebeskraft auf Gott richten kann. Selbstverständlich verzichtet er auf eine bestimmte Form der Verwirklichung seiner menschlichen Liebe, aber er verzichtet um einer größeren Liebe willen. Hängt der Wert einer Liebe oder Begeisterung doch vor allem davon ab, wen wir lieben und für wen wir uns begeistern! Und in diesem Fall ist Gott selbst das unmittelbare Ziel allen Strebens. Augustinus schreibt in einer Ermahnung an gottgeweihte Frauen: "Wenn ihr also eine große Liebe eurem Gatten schuldetet, wie sehr müßt ihr nicht den lieben, um dessentwillen ihr keinen Gatten wolltet?...Es ist euch nicht erlaubt, denjenigen wenig zu lieben, um dessentwillen ihr nicht liebtet, was erlaubt gewesen wäre."[1] Der Theologe Josef Arquer führt weiter aus: "Um zu sein, was sie sein soll, muß...(die christliche Ehelosigkeit) gelebte Zweisamkeit mit Gott sein, bewußte...Hinwendung zu Gott. Nach außen ein Verzicht, ist sie in ihrem Inneren immerwährendes Gebet."[2]
Bekanntlich gründet auch die Ehe im Geheimnis der Verbindung Christi mit seiner Kirche. Doch sie selbst ist nicht diese Verbindung; sie stellt diese nur zeichenhaft dar und macht Gottes Liebe anderen erfahrbar. Durch die Entscheidung zum Zölibat hingegen sind Frau und Mann gewissermaßen hineingenommen in das Geheimnis dieses Brautverhältnisses. Das durch die Ehe bereits angedeutete (und auch vermittelte) "mysterium caritatis" greift in ihr Leben direkt ein und läßt es auf einer höheren als der natürlichen Ebene Erfüllung finden. Mann und Frau leben nun auch in einer ganzheitlichen Liebeshingabe an ein Du, in einer direkten Ich-Du-Beziehung, aber nicht zueinander, sondern jeweils als einzelne Personen zum lebendigen und gegenwärtigen Christus, in letzter Unmittelbarkeit zu Gott allein. Johannes Paul II. hebt klar hervor: "Das alles läßt sich nicht mit dem einfachen Ledigsein oder Unverheiratetsein vergleichen; denn die...(christliche Ehelosigkeit) beschränkt sich nicht auf das bloße Nein, sondern enthält ein tiefes Ja im bräutlichen Sinne: die vollkommene und ungeteilte Hingabe aus Liebe."[3] Wer im Zölibat lebt, der hat entdeckt, daß er von Gott um seiner selbst willen geliebt wird, und er antwortet darauf mit seinem ganzen Leben, mit allen Energien der Seele und des Körpers: "Die menschliche Person, die von Gott so sehr geliebt wird, schenkt sich ihm, ihm allein."[4] Ihre Christusnachfolge ist radikal. Manche weisen darauf hin, daß der christliche Zölibat mit der bloß tatsächlichen, vielleicht sogar ungewollten und (in manchen Fällen) als schweres Los ertragenen Ehelosigkeit so wenig zu tun hat wie die freiwillige Armut mit der tatsächlichen, ungewollten und schmerzhaften Armut.
Heute ist es modern, diese Gedanken als idealistische Verstiegenheit zu bezeichnen. Doch davon sollten wir uns nicht lähmen lassen. Vielleicht könnte es helfen, uns an den großen missionarischen Aufbruch der ersten christlichen Jahrhunderte zu erinnern. Damals war es ganz selbstverständlich, daß viele Menschen den Zölibat erwählten. Er galt in der jungen Kirche als leuchtendes Glaubenszeugnis, vergleichbar etwa dem Martyrium. Man sah in ihm eine Manifestation der Liebe zu Christus, einen Ausdruck für die Vitalität des Gottesvolkes.
4. "Um des Himmelreiches willen"
Gewöhnlich wird der Zölibat als "Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen" bezeichnet. Das bedeutet etwa: Wer sich aus Liebe zu Christus zu ihm entscheidet, weist deutlich auf das "Himmelreich" hin. Er nimmt gleichsam in seiner physischen Existenz das vorweg, was allen Menschen bei der künftigen Auferstehung geschenkt werden wird. Auf diese Weise wird er "zum prophetischen Zeugen in der Zeit für jene zukünftige Welt, in der die Gerechtigkeit wohnt."[5]
Ein Christ lebt mit Blick nach vorn. Er lebt in eine unüberbietbare Zukunft hinein, die Himmel heißt. Der Himmel ist die Fülle des Guten, die das Menschenherz über die Grenzen all dessen hinaus ersehnt, woran es im irdischen Leben teilhaben kann; es ist die höchste Fülle der Belohnung des Menschen durch Gott. "Deshalb", so führt Ladislaus Boros aus, "gehören Geschmack am Glück, die Zuversicht, die Freude am Großen nicht auch zum Christentum; sie bestimmen die ganze christliche Wirklichkeit als Aussicht und Ausrichtung nach vorn..., als die Morgenröte eines erwarteten Tages."[6] Der Christ hat einfach keinen Grund, niedergeschlagen, traurig oder mutlos zu sein, sich mit dem gegenwärtigen Zustand zu begnügen und dabei das Hoffen zu vergessen.
Doch wer den Zölibat wählt, weist nicht nur auf eine zukünftige Welt hin. Er bezeugt vielmehr, daß die Zukunft bereits hier und heute begonnen hat. Hoffen im christlichen Sinn bedeutet nicht, daß man sich zu etwas hinwendet, das eintreffen könnte; es beinhaltet vielmehr, daß man das Ersehnte in gewisser Weise schon besitzt, wenn auch noch unvollkommen und sehr provisorisch. Nach einem bekannten theologischen Grundsatz ist die göttliche Gnade, aus der heraus der Hoffende lebt, "der Beginn der Herrlichkeit". Das heißt, für den christlich Hoffenden ist das ewige Leben schon jetzt auf geheimnisvolle Weise gegenwärtig. Gott hat uns ein Glück verheißen, das schon in dieser Welt beginnt! Seine Liebe darf von uns nicht nur erwünscht und erwartet, sie kann auch jetzt schon erfahren werden. Die sogenannten "letzten" Dinge sind in Wirklichkeit die ersten, zumindest werfen sie ihr Licht voraus. Es liegt an uns, sie immer mehr zur Entfaltung zu bringen, bis die Liebesgemeinschaft mit Christus vollständig entfaltet ist. Erst dann wird die urmenschliche Sehnsucht nach Glück restlos erfüllt.
Die Ehelosigkeit "um des Himmelreiches willen" vermag uns einen Vorgeschmack der ewigen Freude zu geben. Sie umgreift die tiefsten persönlichen und existentiellen Dimensionen des Menschseins und läßt uns etwas spüren von dem Leben in Fülle, das Christus uns schenken möchte. Zweifellos ist sie ein Weg, der wie die Ehe zur affektiven Reife und zur vollen Integration der Persönlichkeit führen kann. Doch es stellt sich die Frage, wer denn auf die eheliche Liebe zu verzichten vermag. Wer darf annehmen, er brauche die Hilfe eines Partners nicht? Sicher nur der, den Christus persönlich ruft und einlädt. Freiwillige Ehelosigkeit ist eine christliche Berufung. Sie kann nicht selbst verdient, "erarbeitet" werden. Nur Gott kann sie schenken, in freier, großzügiger, verschwenderischer Liebe. Aber jede christliche Frau und jeder christliche Mann sollten die Bereitschaft haben, dieses Geschenk anzunehmen. Und wenn ein Mensch tatsächlich einen besonderen Ruf Gottes vernimmt, sollte er die Kühnheit besitzen, seinen festumrissenen natürlichen Standort aufzugeben, um sich den Plänen der göttlichen Vorsehung ganz zu überlassen: "Im Stehenbleiben, wenn sein Ruf ertönt, inmitten aller dringendsten Verpflichtungen und Bindungen, im Fallenlassen von allem, was man gleichsam in der Hand hält, um den Blick für immer auf ihn zu richten..., liegt ein spezifischer Niederschlag der grenzenlosen, anbetenden Liebe."[7]
Wenn ein Mensch von der Liebe Gottes getroffen wird, wenn er die Gnade zur christlichen Ehelosigkeit aufnimmt und in sich wirken läßt, dann wird er immer deutlicher erfahren, daß der Zölibat mehr Geschenk als Verzicht, mehr Reichtum als Bedürfigkeit ist. Er wird begreifen, daß er sich bei Gott vollständig verstanden und geborgen fühlen kann, daß er Gott alles sagen kann, was ihn bewegt - ja, daß ein Leben mit Christus das größte Glück ist, das man sich wünschen kann. "Die Frage gelungener Ehelosigkeit ist für mich eine Frage nach meiner wahren Heimat," sagt der Benediktinerpater Anselm Grün. "Wo fühle ich mich daheim? Dort, wo ich mich gut eingerichtet habe? Dort, wo liebe Menschen sind, mit denen ich mich unterhalten kann? Oder fühle ich mich wirklich bei Gott daheim? Ehelosigkeit wird gelingen, wenn ich mich bei Gott daheim fühle."
5. Schwierigkeiten
Wie jede radikale und endgültige Entscheidung, die den ganzen Menschen engagiert, ist natürlich auch der Zölibat "ein schweres und schwieriges Band der Liebe".[8] Die Anforderungen, die er an die Neigungen der menschlichen Natur stellt, dürfen weder in unwissender Naivität verharmlost noch in geistiger Kleinlichkeit verborgen werden. Ganz im Gegenteil ist es für ein "geglücktes" Leben in der Hingabe an Gott unbedingt erforderlich, sie tief menschlich und realistisch zu erfassen.
Wenn man aus Liebe zu Gott auf die einzigartige Liebesgemeinschaft der Ehe verzichtet, dann trennt man sich unbestreitbar von einer tiefen Quelle des Glücks und auch von einer großen natürlichen Hilfe auf dem Weg zur Gottvereinigung: Echte Liebe zu einem Menschen ist (auf der natürlichen Ebene) wohl das wirksamste Mittel, um Hochmut, Egoismus und ungeordnete Leidenschaften zu überwinden. Sie macht das Herz weich und verständnisvoll, hilft großzügig und lernbereit zu sein. Wenn man auf diese menschliche Liebe verzichtet, kann man sich auf sich selbst zurückgeworfen fühlen, und es entsteht notgedrungen eine Leere im Herzen. Mit dieser Leere muß man sich ernsthaft konfrontieren. Sie kann letztlich nur dann ausgefüllt werden, wenn man den Zölibat als "Chance für ein besonders verliebtes Leben"[9] begreift. Wenn Christus das Herz erfüllt, ist die Einsamkeit radikal besiegt! Sollte das aber nicht der Fall sein, dann kann der Mensch sehr leicht spröde und kauzig werden, an Herz und Gemüt verkümmern. Es könnte auch geschehen, daß er in Kleinlichkeit versinkt und die Leere durch niedrige Ambitionen auszufüllen sucht - etwa durch den Eifer, über andere zu herrschen oder auch durch ein Streben nach Erfolg, Geld und Applaus. Das gibt oft Anlaß zur Kritik seitens Außenstehender. Man muß zugeben, daß der Zölibat tatsächlich unverständlich wird, sobald Christus darin nicht mehr das Eigentliche, die Norm und die Wirklichkeit ist.
Aber auch dann, wenn der Verzicht auf die Ehe in einem Akt freudiger Selbstentsagung geleistet worden ist, so heißt das nicht, daß seine Folgen im Laufe des Lebens nicht doch belastend sein könnten. Die Routine kann das Herz abstumpfen oder erstarren lassen, die alltägliche Arbeit kann ermüden. Es besteht die Gefahr, in das zurückzufallen, was man aus Liebe zu Gott verlassen hat - oder eben innerlich zu verknöchern und zu verbittern. Gerade in der Lebensmitte - die man treffend auch die Entscheidungssituation der "zweiten Bekehrung" genannt hat - kann der Mensch von Trägheit und Überdruß erfaßt werden. So mancher ist vom Leben ernüchtert, vielleicht auch gelangweilt; er spürt seine Schwachheit und will oder kann sich das Große nicht mehr zumuten. Die Enttäuschung macht sich breit; sie findet bisweilen ihren Ausdruck in Kritiksucht, in kleinlichem Nörgeln und Groll, in Neugier, Gerede, Hektik und Aktivismus oder auch in stumpfer Gleichgültigkeit. So kann es geschehen, daß der Zölibat die psychische Reifung verlangsamt, ja manchmal sogar blockiert. Er wird sie aber bei einem normalen Menschen, der immer wieder neu versucht, aus seinem Glauben zu leben, letztlich nicht verhindern können.
Gewiß gibt es tragische Situationen! Wir müssen uns aber klarmachen, daß der Zölibat an sich für eine mögliche Verhärtung des Herzens genauso wenig verantwortlich ist, wie die Ehe eine Garantie gegen solche Verhärtung wäre. Gibt es nicht viele verheiratete Personen - Frauen wie Männer -, die vom Egoismus beherrscht sind, deren Herz erkaltet ist, die allgemein einen recht freudlosen, verdrießlichen und bornierten Eindruck machen? Auch die menschliche Liebe und das sexuelle Leben können frustrierend sein, und nicht nur deshalb, weil sie doch immer auch Grenzen und Relativität einer Bindung erfahren lassen, die sich nach dem Unendlichen sehnt, nach Ewigkeit und nach dem Absoluten, was in diesem Leben letztlich gar nicht zu erreichen ist. Früher oder später spürt jeder Mensch mit einem gewissen Tiefgang, daß sein Wunsch nach Vereinigung in dieser Welt nie völlig gestillt werden kann. Das heißt aber nicht, daß er in der Ehe nicht glücklich - und immer glücklicher - werden könnte.
6. Notwendigkeit echten Bemühens
Es ist wohl eine Binsenwahrheit: Überall da, wo es sich um hohe Güter handelt, müssen wir uns bemühen nicht abzustumpfen, nicht immer wieder in die Trägheit zurückzusinken und das Gefühlsleben zu ordnen. Dieses Bemühen ist in jeder Ehe notwendig, und es spielt für jemanden, der sich für den Zölibat entschieden hat, natürlich ebenfalls eine eminente Rolle.
Wir sind nun einmal ebenso sehr Leib wie Seele, und alle unsere geistlichen Tätigkeiten sind zuinnerst an unser Empfindungsleben gebunden. Außerdem ist unsere Natur durch die Schuld geschwächt. Es wäre vergeblich, sich gegen diese Wirklichkeiten zu sträuben und die menschlichen Regungen einfach zu verleugnen. Man würde dann in einem unmenschlichen Stoizismus erstarren. Ebenso falsch wäre es aber auch, allen Regungen einfach nachzugeben und dabei die eigene Lebenssituation zu verdrängen. Wir sind aufgefordert, unsere Gefühle in den jeweiligen Situationen zu erkennen, klar zu benennen und auf unser Lebensziel hin zu ordnen.
Wir dürfen uns nicht vor dem scheuen, was in der christlichen Tradition gewöhnlich als Askese verstanden worden ist. Das Wortklingt vielen heute fremd und unangenehm. Vielleicht ist die Wirklichkeit, auf die es hindeutet, in früheren Zeiten tatsächlich sehr übertrieben worden. Vielleicht ist aber auch die Tatsache, daß die Notwendigkeit der Askese heute in weiten Kreisen abgelehnt wird, nicht selten für ein Scheitern des zölibatären Lebens mit verantwortlich zu machen. Es kann nicht darum gehen, auf jede Art von Askese zu verzichten; diese muß nur sinnvoll begründet und eingesetzt werden. Die bekannte Ordensfrau Isa Vermehren hebt klärend hevor, daß die sog. Selbstzucht "in Liebe und aus Liebe zum Herrn" geschehen muß, "in angstfreier, vertrauensvoller Liebe auch, dann führt sie in große Herzensfreiheit und -weite."[10] Die Askese steht im Dienst der Gottesbegegnung. Nicht die eigene Perfektion, sondern die größere Gottesliebe ist ihr Ziel. Es kommt in erster Linie nicht darauf an, bloß nichts falsch zu machen und niemals hinzufallen. Wir sind aber eingeladen, immer wieder aufzustehen. Gott ist es wohl angenehmer, wenn wir ihm unser zerbrochenes Herz hinhalten, als wenn wir unsere asketischen Leistungen und unser “moralisches Unbeflecktseins” vorzuweisen trachten.
Auf jedem Lebensweg kann es Zweifel über einmal getroffene Entscheidungen, Dunkelheit und Enttäuschung geben. Innere Stabilität und geistige Reife gewinnt man normalerweise erst mit der Zeit, in einer nicht linearen Entwicklung, durch mehr oder weniger große Krisen hindurch. Doch eine Krise ist keine Katastrophe. Wir sollten im Gegenteil die Chance entdecken, die in ihr verborgen ist. Durch Belastungen wird die Liebe reifer und tiefer; in jedem Sturm kann sie erneuert werden. Der Wunsch, sich einem anderen ganz zu schenken, kann im Verlauf der persönlichen Lebensgeschichte immer mehr gereinigt und vermehrt werden. Dazu ist allerdings erforderlich, daß man gut versteht, was man in diesem "Sturm" erlebt, daß man nicht flieht, sich nicht ablenken läßt und sich vor allem nicht mit möglichen "Partnerwechseln" selbst betrügt: Denn das, was man ändern sollte, ist oft doch nur das eigene Ich.
In einer Krise wird man praktisch aufgefordert, an den Anfang der Liebesbindung zurückzukehren und diesen noch einmal zu wiederholen. Man wird aufgefordert, aus ganzem Herzen noch einmal das Ja zu sprechen. Der Philosoph Dietrich von Hildebrand sagt erläuternd dazu: "Nun darf aber dieses Zum-Ursprung-Zurückkehren, zu dem Moment, in dem Gott unsere Seele in der Tiefe berührte, das zum Wesen aller Erneuerung gehört, nicht mit einem Zurückkehren in allen Einzelheiten zu dem Ursprung verwechselt werden. Es ist ein Zurückkehren zu der ursprünglichen Wachheit, Glut, dem ursprünglichen Eifer - aber nicht notwendig zu der ursprünglichen Struktur."[11] Das heißt, das Wissen und die Erfahrung, die ich auf meinem Lebensweg gesammelt habe, müssen nicht geleugnet werden. Wenn ich das anfängliche Ja wiederhole, so geschieht es bewußter und auch freier als beim ersten Mal, mit der Begeisterung der Jugend und der Reife der Jahre. Mit der Zeit liebe ich immer mehr, weil ich lieben will und bereit bin, auch Opfer zu bringen.
Die Reifungsmöglichkeiten eines Menschen - ob Mann oder Frau, ehelos oder verheiratet - sind so groß wie die Liebe, von der er lebt. Sorgt man sich nur um sich selbst und seine Geltung, wird man innerlich arm, eng und öde, abstoßend für die Mitwelt. Das entscheidende Hindernis für eine harmonische Persönlichkeit und ein geglücktes Gemeinschaftsleben ist die Egozentrik, eine verklemmte, vielleicht sogar neurotische Beziehung des Ich zur Welt und zu den anderen. Wenn jemand den Zölibat erwählt hat, muß er auf einer immer tieferen Ebene lernen, sich loszulassen. Er muß ganz und immer wieder neu auf den blicken, für den er sich entschieden hat. Mit anderen Worten, er muß bereit sein, sich von allen weniger hohen Gütern mehr und mehr zu trennen - so etwa von dem Bedürfnis nach einem ruhigen und geordneten Leben. Er muß sich natürlich erst recht von allen Fehlern und Unvollkommenheiten zu lösen versuchen, zum Beispiel von kleinlichem Konkurrenzkampf, von Neid und Schadenfreude, übertriebener Empfindlichkeit und Karrieredenken, damit sein Herz immer reiner und freier für die Liebe Gottes werden kann.
Nicht immer ist es notwendig, daß Wille und Gefühlsleben harmonisch miteinander vereint sind. Dieser Zustand ist zwar erstrebenswert und wird im Himmel endgültig verwirklicht sein. Man kann wohl auch ohne Übertreibung sagen, daß er bei vielen, die sich ernsthaft für die Liebe zu Gott entschieden haben, auch hier und heute schon vorhanden ist: Sie lieben Gott nicht nur aufgrund eines edlen Entschlusses; sie lieben ihn mit den Kräften ihres Herzens. Sie sind glücklich, ihn lieben zu dürfen! Doch gerade diese Liebe kann auch manchmal dazu führen, gegen gewisse tiefe Regungen des eigenen Herzens anzugehen. Dies war etwa bei Abraham der Fall, als er sich bereit erklärte, seinen Sohn zu opfern. Hildebrand stellt jene Situation sehr einfühlsam dar: "Abraham mußte mit seinem Willen Ja sagen, als er das Gebot Gottes vernahm...Aber sein Herz mußte bluten und mit dem größten Schmerz antworten. Sein Gehorsam wäre nicht vollkommen gewesen, wenn sein Herz freudig zugestimmt hätte. Im Gegenteil, dies wäre ein ungeheuerliches Verhalten gewesen. Nach Gottes Willen erforderte das Opfer...den tiefsten Schmerz als Antwort des Herzens."[12] Ähnliches erfuhr auch Christus im Ölgarten, wobei allerdings der unendliche Abstand zwischen Abraham und dem Sohn Gottes zu berücksichtigen ist.
Was heißt das für uns? Ob in der Ehe oder im Zölibat - auch wir müssen manchmal Opfer bringen um einer größeren Liebe willen. Wir müssen Opfer bringen, um dem treu zu sein, an den wir uns freiwillig gebunden haben. Ich denke, daß ein Vertiefen in die Passion Christi uns oft helfen kann, wenn es im affektiven Bereich zu Versuchungen und Schwierigkeiten kommt. Wenn alle Fügungen Gottes uns nur erfreuen würden, wenn wir nie an einem Widerspruch zwischen den Regungen unseres Herzens und dem Entschluß unseres Willens zu leiden hätten, dann müßten wir uns vielleicht fragen, wie lebendig unser Glaubensleben ist. Vielleicht folgen wir Christus so sehr aus der Ferne, daß wir sein Kreuz gar nicht spüren können!
Sollten wir andererseits in der Nachfolge Christi Schmerz erfahren und uns darüber wundern und beklagen, dann könnte auch dies ein Zeichen dafür sein, daß wir dem Herrn noch nicht nahe genug sind. "Ein gewisser Tonfall der Klage...steht...im Widerspruch zum Wesen der Liebe," hebt Arquer hervor. "Der Liebende nimmt Opfer gern auf sich und rechnet dem Geliebten nicht ständig vor, was er ihm alles schenkt! In einer zentralen Schicht seines Wesens spricht der Ehelose ein glückliches Ja zu diesem Leid, begrüßt es als Kreuz, das ihn ja mit Christus verbindet."[13]
Natürlich handelt es sich beim Zölibat um eine Hingabe, die die Torheit des Kreuzes an sich trägt. Dabei ist aber hervorzuheben, daß man nicht das Kreuz an sich liebt, sondern den Gekreuzigten. Man möchte Christus nahe sein; man will es nicht besser haben als er! "Die Liebe drängt nach einem Ausdruck, nach einer Objektivierung der Hingabe...Sie freut sich am Opfer für den Geliebten; sie sehnt sich, ihm zu zeigen, daß sie ihn vor allem und über alles liebt. Die irdische Braut verläßt das Haus der Eltern und löst die Lebensgemeinschaft mit denen, die sie in Liebe bisher umgaben und zu denen sie gehörte, um dem Mann nachzufolgen, den sie in Liebe erwählte."[14] Wieviel mehr Grund hat derjenige, der sich für Christus entscheidet, radikal ernst zu machen mit der Hingabe!
7. Hilfe der göttlichen und menschlichen Liebe
Im Zölibat - wie in der Ehe - kann es selbstverständlich Schwierigkeiten und Konflikte geben. Unbestreitbar ist eine gewisse Bereitschaft zur Selbstüberwindung notwendig, wenn man ein ganzes Leben lang treu sein will. Ich habe ausführlich darüber gesprochen, weil es heute kaum erwähnt wird. Doch ich denke nicht, daß die Askese das Wichtigste seien. "Wenn du ein Herz hast, kannst du gerettet werden," sagt ein geistlicher Autor. "Darauf kommt es in unserem geistlichen Leben an, daß wir ein Herz haben, das lieben kann, das sich verwunden läßt, das voller Sehnsucht und Güte, voller Zärtlichkeit und Hingabe ist.” (Anselm Grün) Um auf diese Weise das Herz zu formen, reichen unsere eigenen Kräfte bei weitem nicht aus. Eine weitaus entschiedenere Hilfe dürfen wir von Gott selbst und auch von den anderen Menschen erwarten. Darauf möchte ich nun kurz eingehen.
Heute pflegt man lang und genüßlich all die psychologischen Faktoren hervorzuheben, welche das Durchhalten des Zölibates fast unmöglich erscheinen lassen. Doch man übersieht dabei eine bedeutende Tatsache. Man berücksichtigt nicht die besondere Kraft, die Gnade, die Gott denen schenkt, die sich ihm anvertrauen - und so verfälscht man die objektive Sachlage. Vor allem ist es die unendliche Liebe Christi selbst, welche die Stumpfheit unseres Herzens vertreibt und Gemütsschwankungen zur Ruhe bringt. Die Gnade vermag die tiefsten Schichten unseres Herzens aufzubrechen, zu heilen, zu erwärmen, gleichsam "aufzuschmelzen". Sie versetzt uns Menschen mitten in den Aktionsradius Gottes, in seine Liebe hinein. "Er, der die Seele ruft, wird sie füllen mit sich selbst, wenn sie seinem Ruf folgt."[15] Von uns Menschen wird lediglich ein Minimum an Bereitschaft verlangt, sich dieser Liebe immer wieder neu zu öffnen. "Wenn ihr heute seine Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz!" (Ps 94,7-8)
Auf einer anderen Ebene allerdings sehnt sich das menschliche Herz auch danach, menschliche Liebe zu geben und zu empfangen. Vielleicht ist die Tatsache, daß man dies in gewissen geistlichen Strömungen immer wieder zu leugnen versucht hat, ein Grund dafür, daß so mancher Eheloser unnatürlich und verkrampft wirkt und seine religiösen Verpflichtungen schließlich als Last empfindet. Ein gesundes geistliches Leben wird normalerweise wohl nur möglich sein, wenn man in guten menschlichen Beziehungen lebt. Wir sollten keine Scheu vor menschlicher Liebe haben. Wenn das affektive Leben in Christus gegründet und von seiner Kraft durchdrungen ist (und wenn wir bereit sind, uns zu bemühen), dann kann die menschliche Liebe auch für den Ehelosen eine große Hilfe zur tieferen Gottvereinigung sein. Sie ist schließlich nicht auf die eheliche Liebe begrenzt! Die Liebe hat viele Gestalten. Für denjenigen, der zur christlichen Ehelosigkeit berufen ist, gewinnt die Freundschaft eine ganz besondere Bedeutung. Das heißt, neben der Liebe zu Gott kann vor allem die freundschaftliche Liebe zu Gleichgesinnten ganz entscheidend dazu beitragen, daß man mit Freude auf dem einmal eingeschlagenen Weg bleibt und zügig vorangeht.
Den Wert der Freundschaft haben in der christlichen Tradition viele besungen. Augustinus sagt sogar: "Ohne einen Freund kommt nichts in der Welt uns freundlich vor." Dieser große Kirchenvater fühlte sich durch seine Freunde immer wieder bestätigt, ermuntert und angetrieben zu großen Werken. Er hat gerade nach seiner Konversion von solchen Freundschaften gelebt. Wenn jemand Menschen an der Seite hat, die er liebt und denen er vertraut, dann kommt ihm alles leichter vor. Wenn diese Menschen sogar durch Dick und Dünn denselben Weg zu gehen sich bemühen (oder ihn zumindest gut verstehen), dann kann es sogar geschehen, daß die Schwierigkeiten eher animierend als blockierend wirken.
Die Freundschaft ist ein hohes Gut, das gerade zu einem echten christlichen Leben dazugehört. Christus sagt an einer zentralen Stelle des Evangeliums zu seinen Jüngern: "Freunde habe ich euch genannt." (Joh 15,15) Wir dürfen und sollen Freundschaft schließen, mit Gott und mit den Menschen. Dabei ist wohl jedem klar, daß es im Hinblick auf die Freundschaften zwischen Frauen und Männern notwendig ist, sehr aufrichtig zu sein, vor Gott und vor sich selbst.
Doch die Nähe zu Christus bedeutet keineswegs die Ächtung der menschlichen Liebe, die das Herz verstummen ließe. Im Gegenteil, sagt Dietrich von Hildebrand, die Nähe zu Christus bewirkt, "daß das Herz unvergleichlich sensibler, glühender wird und nun von einer vorher unerhörten Affektivität beseelt ist. Gleichzeitig wird es von allen illegitimen Gefühlen...gereinigt."[16] Wer Gott liebt, wirklich liebt, der braucht keine Angst zu haben, daß er sich zu sehr an die Geschöpfe klammert. C.S. Lewis, der bekannte anglikanische Philosoph, hebt ausdrücklich hervor, daß nicht nur die Gefahr besteht, den Menschen abgöttisch zu lieben; ebenso groß ist die Gefahr, ihn zu wenig zu lieben. Er denkt hier an diejenigen, die aus religiösen (oder pseudo-religiösen) Motiven sparsam mit ihren Gefühlen sind, um jede Art von Verstrickungen zu vermeiden. "Ich bin überzeugt," sagt er, "daß die...maßloseste Liebe dem Willen Gottes weniger entgegensteht als die gewollte, selbstschützerische
Lieblosigkeit...Wahrscheinlich ist es unmöglich, einen Menschen zu sehr zu lieben. Wir lieben ihn vielleicht zu sehr im Verhältnis zu unserer Liebe zu Gott; aber nicht die Größe unserer Liebe zu dem Menschen ist falsch, sondern die Kleinheit unserer Liebe zu Gott."[17] Christliche Ehelosigkeit darf nicht in die Isolation führen. Wenn wir sie mit der Gnade Gottes richtig begreifen, wird sie uns dahin führen, Gott und die Menschen leidenschaftlich zu lieben - und uns von ihnen lieben zu lassen.
8. Schluß
Zusammenfassend möchte ich noch einmal hervorheben: Der Zölibat ist ein Weg zu dem Leben in Fülle, das Christus uns verheißt. Er verlangt - wie die Ehe - viel Vitalität, wenn er gelingen soll. Denn er erfordert, daß die ursprüngliche Motivierung der Hingabe ein ganzes Leben hindurch lebendig erhalten wird. Dies ist letztlich nur in einem echten Gebetsleben möglich: Nur im Gespräch mit Gott selbst kann der Sinn der Ehelosigkeit immer tiefer erfaßt, nur im Umgang mit Christus kann die Leere des Herzens gefüllt, nur im bewußten Erleben des Kreuzes kann die verwundete Natur geheilt werden.
In dem Maß aber, in dem ein Mensch sich in der Anbetung Gottes verschenkt, wendet er sich den anderen zu; er wird liebesfähiger. Die Ehelosigkeit "um des Himmelreiches willen" vermag - gerade weil sie in einer törichten Selbstverleugnung gründet, weil sie eine großzügige Hingabe ist - sogar überdurchschnittlich reife und freundschaftsfähige Persönlichkeiten hervorzubringen. Der Grad ihrer Wärme und Hingabe hängt davon ab, wie tief und lebendig ihre Gottesliebe ist. Die große innere Nähe zu Christus, die vollkommene Vertrautheit mit ihm, kann den Menschen sogar zu einem Meister der Liebe machen.
Noch ein Wort zum Schluß: Die höchste, innigste Verbindung mit Christus ist als solche natürlich an keine Lebensform geknüpft. Sie ist Merkmal der Heiligen, möglich für alle - für den Verheirateten ebenso wie für den Ehelosen. Wichtig ist, daß jeder seinen Weg entdeckt und treu befolgt, im festen Glauben, daß Gott ihn von Ewigkeit her ganz persönlich auf diesen Weg gerufen hat.
Jutta Burggraf
[1] Aurelius Augustinus, zitiert bei Josef Arquer: "Zölibatär leben bringt doch überhaupt nichts!" Die charismatische Ehelosigkeit und ihre Bedeutung für die Gesamtkirche, in: Kirche und Sex, hrsg. von Michael Müller, Aachen 1994, S.262.
[2] Ebd., S.263.
[3] Johannes Paul II.: Mulieris dignitatem, Nr.20.
[4] Karol Wojtyla: Liebe und Verantwortung, München 1979, S.218.
[5] Alvaro del Portillo: Der Zölibat des Priesters, Köln 1973, S.28.
[6] Ladislaus Boros: Im Menschen Gott begegnen, Mainz 1967, S.103 f.
[7] Dietrich von Hildebrand: Reinheit und Jungfräulichkeit, 4. Aufl., St. Ottilien 1981, S.180.
[8] Alvaro del Portillo: Der Zölibat des Priesters, a.a.O., S.40.
[9] Josef Arquer: "Zölibatär leben bringt doch überhaupt nichts!" a.a.O., S.251.
[10] Isa Vermehren: Vom Reichtum der Ehelosen, in: Der Zölibat des Priesters, hrsg. von Klaus M. Becker und Jürgen Eberle, St. Ottilien 1995, S.95.
[11] Dietrich von Hildebrand: Zölibat und Glaubenskrise, Regensburg 1970, S.40.
[12] Dietrich von Hildebrand: Über das Herz, Regensburg 1967, S.189.
[13] Josef Arquer: "Zölibatär leben bringt doch überhaupt nichts!" a.a.O., S.265.
[14] Dietrich von Hildebrand: Reinheit und Jungfräulichkeit, a.a.O., S.189.
[15] Dietrich von Hildebrand: Reinheit und Jungfräulichkeit, a.a.O., S.174.
[16] Dietrich von Hildebrand: Über das Herz, a.a.O., S.192.
[17] Clive Staples Lewis: Was man Liebe nennt, 3. Aufl. Basel-Gießen 1982, S.122.